Hämophilie ist in der Regel eine genetisch bedingte Störung der Blutstillung. Das bedeutet, dass z. B. eine kleine Wunde bei Menschen mit Hämophilie sehr lange blutet oder gar nicht aufhört zu bluten.
Hintergrund
Unter dem Oberbegriff Blutgerinnungsstörungen wird eine Vielzahl von Erkrankungen zusammengefasst – Hämophilie (Bluterkrankheit) und Von-Willebrand-Syndrom sind hier die häufigsten Formen einer Blutgerinnungsstörung. Allen gemein ist, dass die Blutgerinnung – also das „Verkleben“ des Blutes zum Abdichten von Wunden – gegenüber der natürlichen Funktion gestört ist.
Die Fähigkeit des Blutes, bei inneren oder äußeren Verletzungen zu gerinnen, ist jedoch lebensnotwendig, da diese Eigenschaft Menschen vor dem Verbluten schützt. In Deutschland lebten gemäß einer Umfrage des Weltverbandes für Hämophilie (WFH) 2016 mehr als 4.000 Menschen mit Hämophilie und fast 4.000 diagnostizierte Personen mit Von-Willebrand-Syndrom. Wobei die Dunkelziffer bei letzterem sehr hoch ist, da diese Störung oftmals mit eher schwacher Blutungsneigung einhergeht, kennen neun von zehn Menschen mit Von-Willebrand-Syndrom ihre Diagnose nicht.
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Ursachen
Am normalen Blutgerinnungsprozess sind unter anderem die Thrombozyten, auch Blutplättchen genannt, als auch eine Reihe von Eiweißstoffen, die sogenannten Gerinnungsfaktoren, beteiligt. Im Falle einer Verletzung von Blutgefäßen (den großen und kleinen Adern, die unseren Körper durchziehen) bilden die Blutplättchen mit Hilfe der Gerinnungsfaktoren ein Blutgerinnsel, um die Wunde zu verschließen. Dabei dichten die Blutplättchen die Wunde ab und die Gerinnungsfaktoren verkleben sie untereinander und mit den Wundrändern, um ein Nachbluten zu verhindern.
Bei verminderter Blutgerinnung können jedoch selbst kleine Wunden zu starken oder längeren Blutungen führen. Ebenso kann die Menstruation verlängert sein. Bei Menschen mit Blutgerinnungsstörungen sind einzelne Blutgerinnungsfaktoren nur zu einem geringen Maße oder gar nicht aktiv, werden fehlerhaft gebildet oder fehlen vollständig.
Angeborene Blutgerinnungsstörungen entstehen durch genetische Defekte, die entweder von den Eltern geerbt werden oder durch spontane Mutationen auftreten.
Darüber hinaus existiert noch die sehr seltene "erworbene“ Form der Hämophilie A“. Ähnlich wie bei der klassischen Hämophilie handelt es sich hierbei um eine Gerinnungsstörung des Blutes, wodurch sich die Wunde nicht vollständig bzw. nicht schnell genug verschließt. Der Grund: Im Blut wird ein Gerinnungsfaktor durch körpereigene Antikörper blockiert. Die spontan erworbene Hämophilie unterscheidet sich von der klassischen Hämophilie im Wesentlichen dadurch, dass sie bei zuvor gesunden Patienten auftreten kann.
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Typische Symptome
Die Symptome der Blutungen hängen vom Schweregrad der Erkrankung ab. Man spricht von leichten, mittelschweren oder schweren Blutgerinnungsstörungen je nach Beeinträchtigung des jeweiligen Gerinnungsfaktors im Blut.
Während äußerlich Blutungen schnell erkannt und behandelt werden, sind es die inneren Blutergüsse (Hämatome) in Muskeln und Gelenken nach Stößen oder heftigen Bewegungen, die zu bleibenden Schäden und einer eingeschränkten Lebensqualität im Erwachsenenalter führen können.
Menschen, die vom von-Willebrand-Syndrom betroffen sind, haben häufiger blaue Flecken. Außerdem bluten bei ihnen Wunden oftmals lange nach und heilen schlecht– selbst bei kleinen Verletzungen. Auch Zahnfleischbluten und Nasenbluten treten vermehrt auf. Darmblutungen können, besonders bei Erwachsenen, ebenfalls vorkommen. In schweren Fällen kann es sogar zu Muskel- und Gelenkblutungen geben. Frauen haben häufig eine stärkere oder längere Menstruation. Bei einer Entbindung kann es zudem zu Blutungskomplikationen kommen.
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Blutgerinnungsstörungen werden nach Schweregrad und Ursache eingeteilt.
Dazu ist es notwendig, neben der Familiengeschichte auch das Blut im Labor zu untersuchen, um zu ermitteln, welcher Blutgerinnungsfaktor in welcher Form beeinträchtigt ist, oder sogar fehlt.
Die häufigsten Blutgerinnungsstörungen sind das Von-Willebrand-Syndrom, bei dem der Von-Willebrand-Faktor fehlt oder zu gering beziehungsweise fehlerhaft gebildet wird, sowie die sogenannte Bluterkrankheit, die Hämophilie.
Während das von-Willebrand-Syndrom Männer wie Frauen gleichermaßen treffen kann, leiden unter Hämophilie hauptsächlich Jungen und Männer. Da Männer im Gegensatz zu Frauen nur ein X-Chromosom haben, kann der Fehler auf dem defekten X-Chromosom nicht durch ein weiteres X-Chromosom kompensiert werden.
Dem vorhandenen Y-Chromosom fehlt die entsprechende genetische Information.
Bei Frauen kann dagegen ein „normales“ X-Chromosom den Hämophilie-Defekt auf dem zweiten X-Chromosom ausgleichen. Frauen müssen zwei betroffene x Chromosomen haben, um an Hämophilie zu erkranken.
Die Bluterkrankheit hat zwei Hauptformen: die Hämophilie A und die Hämophilie B. Die Hämophilie A wird durch eine Verminderung der Aktivität oder das Fehlen des Gerinnungsfaktors VIII hervorgerufen. Unter ihr leiden 8 von 10 Betroffene. Die Hämophilie B entsteht durch eine Verminderung der Aktivität oder das Fehlen des Gerinnungsfaktors IX. Unter ihr leiden 2 von 10 Betroffene.
Daneben gibt es noch eine Reihe anderer seltener Blutgerinnungsstörungen, die Mängel der Gerinnungsfaktoren I, II, V, VII, X, XI und XIII betreffen oder Störungen der Blutplättchen (Thrombozyten).
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Blutgerinnungsstörungen sind heute zumeist sehr gut mit Medikamenten (häufig Gerinnungsfaktoren - in jüngster Zeit auch sogennante nicht-Faktor-basierte Therapieoptionen) behandelbar.
Bei Hämophilie gibt es zwei Behandlungsansätze: die Bedarfsbehandlung (On Demand) und die vorbeugende bzw. prophylaktische Behandlung (Dauerbehandlung). Bei einer Bedarfsbehandlung wird dem Patienten der Gerinnungsfaktor ausschließlich im Falle einer Blutung injiziert beziehungsweise begleitend zu einem operativen Eingriff.
Es ist wichtig, nach dem Auftreten einer Blutung so schnell wie möglich den Gerinnungsfaktor zu verabreichen, um die Blutung so schnell wie möglich zu stoppen.
Bei allen Schweregraden der Hämophilie, insbesondere bei der schweren Hämophilie, besteht die Möglichkeit einer prophylaktischen Behandlung. In diesem Fall erhalten die Patienten regelmäßig ein- bis dreimal pro Woche Injektionen mit dem fehlenden Gerinnungsfaktor. Ziel ist die Vermeidung von Blutungen und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gelenke.
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